Prof. Dr. Christian Wüthrich: Ist unsere Wirklichkeit letztlich weder räumlich noch zeitlich?

Die Quantengravitation versucht, Einsichten der Quantentheorie, die so erfolgreich zu unserem Verständnis des Aufbaus der Materie beigetragen hat, und der allgemeinen Relativi-tätstheorie, unsere beste Erklärung der Gravitation, zu einer einheitlichen Theorie zu verschmelzen. Dies ist nötig, um zum Beispiel schwarze Löcher und das ganz frühe Universum zu verstehen. Eine solche Theorie ist dabei auch von sehr grossem naturphilosophischen Interesse. Die Vorstellungen von Raum und Zeit, die aus der allgemeinen Relativitätstheorie erwachsen, sind bereits kontraintuitiv und es ist zu erwarten, dass sie durch die Quanteneffekte noch wesentlich verkompliziert werden. Es zeigt sich, dass die meisten Ansätze in der Quantengravitation zu verneinen scheinen, dass unsere Welt letztlich räumlich und zeitlich ist. Wie kann man sich eine solche Welt — wie sie vielleicht die unsere ist — überhaupt vorstellen? Sind in einer solchen Welt notwendige Bedingungen für die wissenschaftliche Forschung überhaupt erfüllbar? Wie können Raum und Zeit nicht fundamental, sondern bloss emergent, sein und also aus einer nicht raumzeitlichen Struktur hervorgehen? Diese Fragen sollen an konkreten Beispielen erläutert und beantwortet werden.