Gottfried Keller ist mit seinem Werk "Romeo und Julia auf dem Dorfe" das Kunststück gelungen, welches nur ganz selten Gültigkeit hat: Die "Kopie" ist besser, als das Original. Keller hat William Shakespeare übertrumpft.
Dies, weil er - im Gegensatz zu Shakespeare - dem Hintergrund, warum die Familien von Julia und Romeo zerstritten sind und somit die Unmöglichkeit der Liebe der beiden heraufbeschwören, Raum und Geschichte gibt. Shakespeare behauptet nur, Keller erklärt. Zudem hat Keller die Geschichte in einen Kontext gestellt, welcher uns sowohl zeitlich, wie auch von der Mentalität her viel näher ist, als das ferne Verona um 1596: Er verlegt die grösste Liebesgeschichte der Welt in ein Schweizer Bauerndorf.
Livia Anne Richard, Autorin des 2015 mit fulminantem Erfolg uraufgeführten Stücks "The Matterhorn Story", hat aus dem in Prosa geschriebenen Roman von Gottfried Keller eine dramatisierte Fassung eigens für die Aufführungen am Gornergrat gemacht und es ist etwas ganz anderes, eigenständiges dabei herausgekommen.
Im Sommer 2017 werden die Zuschauer in die Welt von Jakob ("Romeo") und Maria ("Julia") entführt, in die Welt ihrer erst kindlichen Freundschaft und später grossen Liebe und in die Welt des grössten Konflikts, in den ein Mensch geraten kann: Wenn nämlich diese Liebe nicht gelebt werden kann.
Die beiden Bauern Zmutt und Brenni, die Väter dieser Kinder, sind Freunde. Täglich bestellen sie ihren Acker, welcher getrennt ist durch ein in der Mitte liegendes, braches, besitzerloses Stück Land. Die beiden Bauern werfen die Steine, welche ihnen beim Pflügen in die Quere kommen, auf eben dieses Stück Land in der Mitte - der Haufen hat bereits die Dimension eines beachtlichen Steinbergs erreicht. Zudem pflügen beide Bauern jedes Mal und vermeintlich unbeobachtet ein Stück des brachliegenden Landes ab. Der eine sieht, was der andere tut, der andere sieht, was der eine tut, stillschweigend wird das Unrecht akzeptiert, weil es ja beide tun.
Da will die Gemeinde Ordnung in die Angelegenheit bringen und versteigert das Stück Land. Nur die beiden Bauern Zmutt und Brenni bieten ernsthaft mit, da das Stück Land ja zwischen ihren Äckern liegt und man das eigenen Stück Land so sinngebend vergrössern könnte. Zmutt gewinnt, Brenni bleibt unterlegen und nun beginnt, was beginnen muss: Ein heftiger Streit darüber, in welchen Zustand das Stück Land zurückversetzt werden müsse, damit es dem entspreche, was man sich nun rechtlich angeeignet habe.
Dieser Streit artet in einen Kleinkrieg aus, in den das ganze Dorf involviert ist. Unnachgiebig arbeiten die beiden Männer am Niedergang des anderen. Jakob und Maria dürfen sich nicht mehr anschauen, geschweige denn mit einander sprechen - die beiden treffen sich nur noch heimlich. Die Familen gehen bitter zu Grunde - die Liebe der beiden jedoch ist stark, so stark, dass sie alles übersteht.
Es wird emotional im Sommer 2017, vor der einmaligen Kulisse des berühmtesten Berges der Welt. Das Matterhorn wird seinen Kommentar zu dem menschlich-allzumenschlichen Geschehen von hoch oben herabgeben,. Es wird da thronen, Stille schweigen und sich seine Sache denken.
Gesprochene Sprachen im Stück: Walliserdeutsch (Schriftlicher Szenenbeschrieb in hochdeutsch, französisch sowie englisch erhältlich)
Link zur Website: http://www.freilichtspiele-zermatt.ch/