Ein Leben

EIN LEBEN entstand 2016 als Folge der grossen Flüchtlingsbewegungen aufgrund des Bürgerkriegs in Syrien. Nun schreiben wir das Jahr 2017, und der Text hat nichts von seiner Aktualität verloren. Auch wenn sich dort scheinbar das Regime durchgesetzt hat und die Rebellen auf dem Rückmarsch sind. So ist es nun aktuell Libyen, in dem für Flüchtlinge aus Schwarzafrika in Lagern die Hölle auf Erden wartet. In Afganistan schwellt die Krise weiter, in Burma geschieht ein Genozid. Und morgen könnte es irgendwo in Zentralafrika zu Ausbrüchen von Gewalt kommen, die die Menschen auf die Flucht treibt. Und die westliche Welt versucht, sich gegen die Flüchtlinge abzuschotten, riskiert aber, an den Widersprüchen von Nationalismus und Globalismus und den Menschenrechten und Kampf gegen den Terror zu zerbrechen. In diesem Monolog erzählt ein Mann, Mitte 50 von seiner Begegnung mit dem syrischen Flüchtling Amir, der dem Dorf, in dem der Protagonist mit seiner Frau lebt. Im Gegensatz zu einer Mehrheit der Dorfbewohner, die den Flüchtlingen skeptisch entgegenstehen, lässt sich der Protagonist auf die Begegnung ein. Dadurch aber gerät sein alltägliches, in Routine und Lüge erstarrtes Leben in Bewegung. Alles, was bisher selbstverständlich war oder schien, wird nun „unstimmig“, fragwürdig im Sinne des Wortes: die Rituale, die sein Eheleben bestimmt haben, die Menschen, mit denen er zu tun hat, die Sicht auf die heutige Welt. Dieser Theaterabend ist eine leise subjektive, persönliche Beschäftigung mit dem Thema des Umgangs mit den Fremden und dem Fremden an sich, das sonst eher im öffentlichen Diskurs durch schrille, kontroverse Töne - nicht selten von Hass getrieben - gekennzeichnet ist. Das Stück verbindet das grosse „Geschehen in der Welt draussen“ mit den inneren Zuständen eines Mannes, der ahnt, dass persönlichen Entscheidungen anstehen, die sein bisheriges Leben komplett verändern könnten.